100 Jahre Bayerischer Amateur-Box-Verband (1923 - 2023)
(Stand: 15. März 2023)
Die Gründung des Deutschen Reichsverbandes für Amateurboxer im Dezember 1920 war der eigentliche Anlass, dass das Interesse an der Sportart Boxen schlagartig stieg und in Deutschland Boxabteilungen in den Vereinen integriert wurden. Zu Beginn des Jahres 1922 trafen sich in Frankfurt/Main die Verantwortlichen aus Bayern, Baden, Württemberg, Hessen, Rheinhessen und der Pfalz zu einer konstituierenden Sitzung. Der Süddeutsche Amateur-Box-Verband wurde aus der Taufe gehoben. Der Freistaat Bayern war zu dieser Zeit das größte Land im Deutschen Reich. Der Wunsch und das Verlangen, als selbständiger Landesverband anerkannt zu werden, war demnach durchaus fundiert und legitim. 1923 löste sich Bayern aus dem Süddeutschen Amateur-Box-Verband und am 13. Mai des gleichen Jahres wurde in der Landeshauptstadt München der Bayerische Amateur-Box-Verband gegründet.
Beim ersten Verbandstag am 19. März 1924 wurde mit Sebo Preiß der erste Präsident des BABV gewählt. Er leitete die Geschicke des Verbandes bis 1927 und wurde dabei tatkräftig von dem Sportwart Josef Laufer unterstützt. Nach dem Josef Kiermeier den Vorsitz übernommen hatte, blieb Seba Preiß auch weiterhin als Sportwart dem Verband erhalten.
Bereits das Gründungsjahr brachte dem BABV den ersten Titel eines Deutschen Meisters durch den Münchner Haymann im Schwergewicht. Die ersten Deutschen Meisterschaften auf bayerischen Boden fanden im Jahre 1927 in München statt. Von 1928 bis 1932 erlebte der BABV eine Blütezeit der besonderen Art und brachte es weit über die Landesgrenzen hinaus zu einem imponierenden Ansehen. Namen wie Auböck, Schleinkofer, Ziglarski, Kugler, Schiller, um nur einige zu nennen, erinnern an diese glanzvoll Zeit. Viele der genannten Athleten trugen sich in die Siegerliste des Deutschen-Amateur-Box-Verbandes ein. Der Fliegengewichtler Auböck holte sich den Titel von 1928 bis 1930 gleich dreimal in Folge und noch einmal 1932. Kugler sicherte sich 1929 den Titel im Weltergewicht. Schleinkofer (1931 und 1932) im Feder und Schiller (1931 und 1932) im Halbschwer hießen die Deutschen Meister in der damaligen Hochzeit des Bayerischen Amateur-Box- Verbandes. 1932, als München zum zweiten Mal die Deutschen Meisterschaften ausrichtete, setzte sich die Erfolgsserie bayerischer Boxer fort, als gleich drei sich mit dem Titel des Deutschen Meisters krönten.
Auch auf internationaler Ebene schlugen sich die bayerischen Athleten mit Bravour. Bei den 1930 in Budapest ausgetragenen Europameisterschaften erkämpften sich Leidmann im Halbschwer und Held im Leichtgewicht Silber und Bronze. Für weitere Glanzpunkte sorgten bei den Olympischen Sommerspielen 1932 in Los Angeles Ziglarski und Schleikofer, die in ihren Gewichtsklassen jeweils die Silbermedaille gewannen. 1935 holte sich mit dem Augsburger Willy Färber im Fliegengewicht ein weiterer bayerischer Akteur den Titel bei den Deutschen Meisterschaften.
Bayern avancierte in dieser Zeit zur Box-Hochburg in Deutschland. Erprobt in zahlreichen Länderkämpfen mit nahezu sämtlichen europäischen Staffeln wurden die bayerischen Boxer zu einem echten Werbeträger für ihr Land und dem Boxsport
Zu einem erneuten Wechsel an der Verbandsspitze kam es 1933, als sich Sebo Preiß bereit erklärte, abermals den Vorsitz zu übernehmen. Bis 1937 leitete er wiederum die Geschicke der bayerischen Boxer. Wer in der Zeit nach Preiß bis 1946 den Präsidentenposten innehatte, geben vorhandene Unterlagen nicht wieder. Fakt ist, dass der Münchner Sepp Königsdörfer in dieses Amt gewählt wurde.
Mit dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges stagnierte der Boxsport nicht nur im Freistaat gänzlich, auch die Kriegsjahre waren nicht spurlos am BABV vorübergegangen. Es forderte von Josef Königsberger dessen ganze Energie und ein gerütteltes Maß an Umsicht und Willenskraft, um nach Kriegsende einen Neuaufbau zu schaffen. In einem rasanten Aufschwung konnte man 1947 bereits 77 Vereine mit 3059 Mitgliedern und im darauffolgenden Jahr 125 Vereine mit 6472 Mitgliedern verzeichnen. Beim Verbandstag am 27. November 1949 konnte Josef Königsberger die stattliche Anzahl von 198 Vereinen mit 8184 Mitgliedern verkünden. Unerklärlich die Gründe für die Abnahme der Vereine und deren Mitglieder bis 1960, wobei der Tiefstand mit nur noch 4323 Sportfreunden erreicht wurde. Erst Ende der siebziger Jahre war ein ständiger Aufschwung mit 98 Vereinen bei annähernd 8000 Mitgliedern erkennbar.
Unter Sepp Königsberger konnten die bayerischen Boxer alsbald an die Erfolge vergangener Jahre anknüpfen. Erster Deutscher Meister der Nachkriegszeit wurde 1950 der Weidener Ehmann. Mit den Schwergewichtler Witterstein (Kempten) 1952 und Kistner (Nürnberg) 1953 hatte Ehmann qualifizierte Nachfolger. Horst Witterstein holte sich außerdem 1955 bei den Europameisterschaften in Berlin die Silbermedaille.
Als Königsberger 1953 sein Amt aus gesundheitlichen Gründen zur Verfügung stellen musste, sprang Sebo Preuß erneut in die Bresche. 1959 gelang es ihm, die 4. Deutschen Meisterschaften nach München zu holen. Ein Jahr später übergab er den BABV an Dr. Willy Fritz, der die jüngere Generation in der Führungsspitze verkörperte. Dieser führte noch im gleichen Jahr den BABV in Deutschland mit dem Gewinn des Georg- Dietrich Pokals ganz nach oben. Nach vierjähriger, erfolgreicher Tätigkeit übergab Dr. Fritz den Präsidentenposten an Teddy Anselm, dem 1974 Willy Ortlieb folgte.
Unter der Führung von Ortlieb kam es zum absoluten Höhepunkt in der Geschichte des BABV. Bayern wurde die Ausrichtung der Box-Weltmeisterschaften 1982 übertragen und als Veranstaltungsort die Landeshauptstadt München bestimmt. Mit einem großen Stab an qualifizierten Mitarbeitern aus allen bayerischen Bezirken sorgte das Präsidium für einen reibungslosen organisatorischen Ablauf dieser Welt- Titelkämpfe. 1983 musste Ortlieb aus gesundheitlichen Gründen seinen Platz an der Spitze des Verbandes räumen. An seiner Stelle wählten die Delegierten den Dachauer Jo Henning zum neuen Präsidenten.
Die Übernahme des Präsidentenamtes bedeutete für ihn aber ein schweres Erbe. In seine Amtszeit fiel die Wiedervereinigung und damit auch die Vereinigung der beiden deutschen Boxverbände. Das daraus entstandene sportliche West-Ost- Gefälle stellte ein echte Herausforderung für die bayerischen Vereine und damit auch für den BABV dar. Konsequente sportliches und gezieltes Stützpunkttraining waren die erforderlichen Maßnahmen, die letztendlich dazu führten, dass bayerische Athleten wieder in der deutschen Spitze mitmischen konnten.
Nach 22-jähriger Tätigkeit stellte sich Henning am 20. März 2005 nicht mehr zur Wahl. Am gleichen Tag, beim 30. ordentlichen Verbandstag in Eichstätt/Wasserzell, bestimmten die Delegierten denn Peitinger Heinz-Günter Deuster einstimmig zum Nachfolger von Henning.
Bei seinem Amtsantritt sah sich der neue Präsident mit einer gewissen Stagnation im bayerischen Boxsport konfrontiert. Unter Einbindung von Heiner Pauckner (Landessportwart), Gerhard Winnerl (Landesjugendwart) und Simone Pauckner (BABV-Frauenbeauftragte) galt das Hauptaugenmerk der Durchführung von Lehrgängen und der Beschickung von Turnieren im In- und Ausland sowie an Fortbildungsveranstaltungen des DBV. Einen wichtigen Schritt vollzog der BABV auf Intervention des damaligen Präsidenten und DBV-Vizepräsidenten Deuster in enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Stadt Straubing und dem BC Straubing mit der Einrichtung eines Sportinternats, wobei zukünftig ein DBV-Bundesstützpunkt angedacht war. Eine weitere Maßnahme, den bayerischen Athleten und Athletinnen noch bessere sportliche Bedingungen zu ermöglichen schuf Landestrainer Mario Stanislaw, der bei der Polizei in Dachau seinen Dienst verrichtet. Über ihn besteht nun für die bayerischen Boxer mit Perspektiven im Rahmen der Spitzensportförderung die Möglichkeit zur Ausbildung zum Polizeibeamten, verbunden mit einer sportlichen Weiterentwicklung durch beste Trainingsbedingungen.
Die Erfolge, auch in Zusammenarbeit mit den Vereinen und deren Übungsleiter, stellten sich alsbald ein und schon nach wenigen Jahren konnte Günter Deuster ein glänzendes Fazit ziehen: Die bayerischen Athleten und Athletinnen waren wieder in der deutschen und auch europäischen Spitze angekommen.
Am 1. März 2020 endete die Ära Deuster. Nach 15 Jahren intensivster Arbeit für den BABV und DBV stellte er sich aus persönlichen Gründen nicht mehr für das Amts des Präsidenten. zur Verfügung. Der BABV honorierte seine erbrachte Leistung mit der Ernennung zum Ehrenpräsidenten. Anstelle von Deuster wählten am Verbandstag die Delegierten den Weißenburger Karl-Heinrich Pauckner einstimmig zum neuen BABV-Präsidenten.
Die Statistik spiegelt die Erfolgsquote der bayerischen Boxer und Boxerinnen wider. Seit Bestehen des BABV errangen diese 366-mal Gold, sowie unzählige Silber- und Bronzemedaillen. Dazu stehen 35 Medaillen bei Olympischen Spielen, Europa-, Welt-, und CISM-Weltmeisterschaften zu Buche.
Erfolgsgaranten nach Kriegsende waren in der Männerklasse, um nur einige zu nennen, der Gunzenhauser Pichl, Edis und Haan, beide Augsburg, Reithmeier, Regensburg, Stettinger, Böll und Lexow (2 DM), Weißenburg, Diem, Lindenberg, Steger, Sulzbach-Rosenberg ,Yadigar und Kramer, beide Rosenheim, Meier (6 DM), München/Peiting, Steinherr und Habermeier, München, Jarmer (3 DM), Selb, Huber, Regensburg, Thews, Landshut, Maczuga (3 DM), Stockstadt, Sharafa Raman, Eichstätt und Walth (4 DM), Straubing. Hans Huber errang zudem im Schwergewicht bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio die Silbermedaille und Günther Meier 1968 in Mexiko die Bronzene. Ein Jahr darauf gewann dieser den Titel eines Europameisters im Halbmittelgewicht. Erwähnenswert auch seine Erfolge bei den CISM-Weltmeisterschaften, bei denen er ununterbrochenen 6-mal ganz oben auf dem Treppchen stand. Mit Mogamed Schachidow verfügt der BABV über den derzeit herausragenden Athleten. 2022 gewann er den Titel bei der DM, holte sich die Bronzemedaille bei den Europameisterschaften ab und war zudem im gleichen Jahr mit Gold beim 6-Nationen-Turnier in den USA erfolgreich.
Nicht zu vergessen seien an dieser Stelle die bayerischen Kadetten-, Junioren- und Jugendboxer, die einen großen Anteil an den gewonnenen Medaillen für sich in Anspruch nehmen können.
Seit Jahren dominieren die bayerischen Athletinnen die Boxszene in Deutschland und gewannen wiederholt den Pokal für den besten Landesverband. Auch bei Europa- und Weltmeisterschaften bewiesen die bayerischen Boxerinnen mit Gewinn von Silber- und Bronzemedaillen ihr Können. Erste Gewinnerin einer Medaille bei den Europameisterschaften 2001, die in Silber, war die Memmingerin Dagmar Koch, die ein Jahr später zu Bronze kam. Die Medaille in der gleichen Farbe errang 2002 Ulrike Brückner aus München. Weitere Medaillen holten Katinka Semrau, Mandy Berg (beide Fürstenfeldbruck), Lena Maier (Altötting), Melissa Rempel (Ansbach), Elvira Alberti (Schwandorf), Jessica Vollmann (1860 München) und Victoria Glatt (1. FC Nürnberg). 2017 gab es für Alina Popp (BC Piccolo Fürstenfeldbruck) bei den Jugend-Weltmeisterschaften als einzige deutsche Athletin eine Medaille, die in Bronze. Eine weitere Medaille erkämpfte sich Popp bei den Jugend-Europameisterschaften.
Zum 15. März 2023 sind dem Bayerischen Amateur-Box-Verband 126 Vereine und Abteilungen angeschlossen, davon 6 inaktiv. Die BABV-Mitgliederzahl hat sich in den letzten Jahren mit 12.000 Sportfreunden kaum verändert. Über einen gültigen Startausweis verfügen zum jetzigen Zeitpunkt über 1250 Athleten und Athletinnen (1105 männlich, 145 weiblich). Hinzu kommen 68 Breitensportler/innen
Die Chronik wäre unvollständig, würde an dieser Stelle nicht auch auf den BABV- Förderkreis eingegangen werden. Gegründet im Jahr 1977 von Walter Kreuzer,
Max Riedel, Willi Ortlieb, Paul Forschbach und Manfred Kaltenhäuser, sieht der auf Spenden angewiesene e.V. Zweck und Aufgabe in der Förderung und Weiterbildung talentierter Athleten und Athletinnen mit Durchführung von Lehrgängen und Fortbildungsveranstaltungen, für die keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. 2007 trat der Mitgründer Walter Kreuzer aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten. Sein Nachfolger, der Augsburger Peter Porschen, legte bereits nach kürzester Zeit sein Amt wieder nieder, weil seine Zukunftspläne mehr zum Profiboxen hin tendierten. An dessen Stelle wählten die Mitglieder des Förderkreises den Kemptener Reinhold Gruschwitz zum neuen Vorstand. Gruschwitz führt seither mit großer Umsicht sehr erfolgreich den Verein. +
Gründungsvorstandschaft am 13. Mai 1923:
Vereine bei der Gründung: 27 (Mitglieder ca. 900)
1. Vorsitzender: G. Hammelbacher Würzburg
2, Vorsitzender: S. Preiß, München
1. Sportwart: L. Pfrenger, Schwenfurt
2. Sportwart: H. Gigler, München
Schatzmeister: A. Beierlein, Nürnberg
Vorsitzende seit Gründung:
Mai 1923 - Oktober 1923: Hammelbacher, Würzburg
1923 - 1924: A. Hamberger, München
BABV-Präsidenten seit Gründung:
1924 - 1929 Sebo Preiß, München
1929 - 1933 Josef Kiermeier, München
1933 - 1937 Sebo Preiß, München
1946 - 1953 Sepp Königsberger, München
1953 - 1960 Sebo Preiß, München
1960 - 1968 Dr. Willy Fritz, München
1968 - 1974 Teddy Anselm, München
1974 - 1983 Willy Ortlieb, Weiden
1983 - 2005 Jo Henning, Dachau
2005 - 2020 Heinz-Günter Deuster, Peiting
2020 - dato Karl-Heinrich Pauckner, Weißenburg
(Verfasser: Günther Weil, BABV-Ehrenvorstandsmitglied)